Digitalwüste Deutschland

Da bin ich wieder, dieses Mal mit einem kleinen Vergleich zum Thema „Digitalisierung“.

Eben habe ich ein Paket bekommen. Der Paketdienstleister hat sich gedacht, wenn er schon die Route und die anzufahrenden Adressen in seinen Daten hat und die Auslieferung der Pakete praktisch in Echtzeit trackt, kann er das Ganze auch mit den Kund*innen teilen.

Also hat man die Daten in eine Karten-Anwendung eingebettet, und ich konnte anhand der Paketnummer sehen, wie sich ein putziges kleines Paketwagensymbol der Karte entlang auf ein putziges kleines Haus-mit-Garten-Symbol zubewegte. Wenn man auf das Autosymbol klickte, gab es einen Hupton, wenn man auf das Haussymbol klickte, ein Türklingeln.

Nette kleine Gimmicks, die es ermöglichen, praktisch minutengenau zu sehen, wann das Paket kommt. Das macht gute Laune. Und die wiederum hat für ein Trinkgeld an den Boten gesorgt.

Für meine Wohnung muss ich eine Erklärung für die Grundsteuerreform im Steuerportal ELSTER abgeben. Dazu hat die Finanzverwaltung die Daten, die ihr unter der betreffenden Steuernummer zu Flurstück, Bodenrichtwert etc. seit Jahren vorliegen, in eine Tabelle in einem dreiseitigen Schreiben gedruckt. Das Schreiben habe ich per Post erhalten.

Auf ELSTER muss man die Daten, die in die Tabelle gedruckt wurden, fehlerfrei in Eingabefelder abtippen und beachten, dass die Formate in der Eingabemaske teilweise anders sind als in dem ausgedruckten Schreiben. Da die Eingabemasken nicht intuitiv verständlich sind, macht man das am besten begleitet von einer 20-minütigen Klickanleitung per Video. Leider wurden gegenüber der Klickanleitung (der Finanzverwaltung) zwischenzeitlich die Eingabemasken geändert.

Als kleinen Sonderstolperstein hat die Finanzverwaltung beschlossen, die korrekte Anwendung des Dreisatzes mit abzuprüfen.

Man muss in einem der Formulare angeben, wieviele Anteile vom Gesamtgrundstück einem gehören. Das kommt z. B. zum Tragen bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, weil den Parteien jeweils ein festgelegter Anteil an dem betreffenden Flurstück gehört. Bei mir sind das 1814/10000 (es wird immer in 10000steln gerechnet). Dieser Wert ist seit dem Bau der Immobilie festgelegt. Ich gebe also im ersten Formular ein, dass das Flurstück 350 qm groß ist und mir der entsprechende Anteil gehört. Dieser Anteil entspricht nicht der Wohnungsgröße, weil die Wohnungen ja übereinander sind.

Im zweiten Formular wird erneut eine Grundstücksfläche abgefragt. Allerdings ohne einen Hinweis darauf, dass man hier eintragen soll, was das Ergebnis von (in diesem Fall) 350*1814/10000 ist. An sich ganz einfach, man muss es nur wissen. Bzw. verzweifelt versuchen, die kryptischen Fehlermeldungen in der Plausibilitätsprüfung zu verstehen.

Die Finanzverwaltung hätte anhand der Steuernummer auch einfach die Daten, die ihr ohnehin vorliegen, in die entsprechenden Felder einspielen können, und sie hätte ebenso das Ergebnis aus dem ersten Formular ins zweite übernehmen können.

Dann hätten sich die User darauf beschränken können, die Daten zu ergänzen, die der Finanzverwaltung nicht vorliegen, wie eben die Wohnungsgröße und die Frage, ob es einen Abrissbeschluss für das Gebäude gibt.

Mal ganz abgesehen von Portalzusammenbrüchen und Softwarefehlern in diesem Zusammenhang, aber dazu findet man mehr als genug Beiträge im Netz…

Ich finde, der Vergleich dieser beiden Vorgänge zeigt, was für ein Trauerspiel das Thema „Digitalisierung“ in der öffentlichen Verwaltung ist.

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