Das Posergetränk

Irgendwann landen viele von uns beim Tee als Getränk. Manche mögen keinen Kaffee, wollen aber etwas Warmes. Viele halten es für gesünder, Tee statt zu viel Kaffee zu trinken. Und Tee hat ja auch sowas Entspannendes …

Auch ich trinke seit langem Tee. Nicht literweise, aber ein bis zwei Tässchen am Tag sind es wohl schon. Aber nicht mit Begeisterung. Ich habe lange überlegt, was mich am Tee als Getränk stört, und jetzt bin ich drauf gekommen: Tee ist als Getränk der Posertyp! Ganz entgegen seinem Image als kultiviertes Getränk für jede Lebenslage.

Die meisten Tees riechen recht intensiv. Ob nun kräuterig, nach Winterapfel oder Vanille, ganz zu schweigen von Klassikern wie Earl Grey. Beim Trinken dann aber das böse Erwachen: geschmacklich kommt da meist nicht viel rum. Irgendwie schmeckt Tee doch meist wie schwach aromatisiertes Wasser. Jedenfalls schmeckt er viel schwächer, als er riecht 😦 . Und ich glaube, das nehme ich dem Tee übel.

So ein Kaffee: der riecht intensiv, er schmeckt auch nach was (nun gut, wenn man Pech hat, bitter, aber er schmeckt nach was). Bei Säften, Softdrinks, aber auch vielen alkoholischen Getränken ist es sogar meist so, dass sie kaum nach was riechen, aber umso intensiver schmecken. Wasser ist ein neutrales Ding – riecht nach nichts und schmeckt nach nichts. Aber Tee? Er erfüllt den Raum mit Duft und Verheißung. Und nach dem ersten Schluck: eher nichts. Außer Früchtetee auf Hagebuttenbasis: der ätzt einem die Geschmacksnerven von der Zunge, duftet dafür aber lieblich. Wenn man Tee zuckert, schmeckt er wenigstens nach irgendwas. Aber das ist ja wieder ungesund. Tee verspricht viel, hält aber sein Versprechen nicht.

Eine löbliche Ausnahme ist der gute alte Fenchel-Anis-Kümmel-Tee – riecht gut und schmeckt auch ein bisschen nach was. Pfefferminz geht in der Hinsicht auch noch. Aber sonst?

Wahrscheinlich wird deshalb auch um Tee so häufig eine aufwendige Zeremonie gebastelt. Der Ostfriesentee mit seinen Kluntjes und der kunstvoll aufgeträufelten Sahne („bloß nicht umrühren, das zerstört alles!!!“). Die Teezeremonien aus dem asiatischen Raum. Die britische Tea Time. Eigentlich alles aufwendige Maßnahmen, um darüber hinweg zu täuschen, dass man eigentlich ein geschmacksarmes Gebräu trinkt, an dem man sich im ungünstigsten Fall noch die Zunge verbrennt.

Aber vielleicht steht Tee auch nur dafür, dass man im Leben halt oft damit rechnen muss, dass Erwartungen nicht immer erfüllt werden. Deshalb trinkt man wahrscheinlich umso mehr Tee, je älter man wird …

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines abgelegt und mit , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..